Gestern fragte Tanja Praske über twitter, ob foursquare überhaupt etwas für Kulturinstitutionen sei. Daraufhin entspann sich ein kurzer twitter-Dialog.
Allgemeine Frage in #scry14-Runde: Ist foursquare überhaupt für Kulturinstitutionen relevant? #Nutzerverhalten in D
— Tanja Praske (@TanjaPraske) June 15, 2014
Das nehme ich zum Anlass hier mal aufzuzeigen, warum der Einsatz von foursquare auch bei Kulturinstitutionen sinnvoll ist.
Was ist Foursquare?
Foursquare ist ein sogenannter Location Based Service, das bedeutet, dass dafür eine GPS-Ortung zum Einsatz kommt. Der Nutzer von foursquare ist an einem Ort, lässt seinen Standort feststellen und kann dann die verschiedenen Möglichkeiten der App Foursquare nutzen. Bis vor Kurzem war das das Einchecken. Ähnlich wie bei einem Hotel oder Flug hat man bekanntgegeben „Hier bin ich!“ Alle, die mit einem über die App verbunden waren konnten sehen, wo man sich befindet. Auch – und das ist das positive daran – der „Ort“ selber. Mit Ort meine ich ein Restaurant, ein Unternehmen, ein Verein oder eben auch ein Museum, eine Galerie oder ein Kunsthaus. Damit man die Daten einsehen kann, wer sich gerade bei einem befindet, muss man sich als Besitzer zu erkennen geben. Das ist mit wenigen Klicks erledigt und kostet 20 Dollar.
Swarm
Dieses Einchecken findet jetzt nicht mehr bei foursquare statt sondern es ist ausgelagert worden in die neue App „Swarm“. Hier kann man nun seinen „Freunden“ zeigen, wo man sich gerade befindet und mit ihnen verabreden.
Foursquare dient ab sofort nur noch zum Entdecken. Wenn ich in einer fremden Stadt bin, kann ich mich orten lassen und mir über foursquare anzeigen lassen, was sich interessantes in meiner Nähe befindet. Weiterhin kann der Besitzer eines Ortes sogenannte „Specials“ anbieten. Derjenige, der dann dort eincheckt, bekommt etwas dafür: ein kleines Geschenk, einen Rabatt oder eine Dienstleistung.
Bewertungen
In letzter Zeit haben viele foursquare Nutzer die „Hinterlasse einen Tipp“-Funktion dafür benutzt, nicht nur einen Tipp zu geben sondern auch Kritik zu verfassen; ähnlich einer Bewertung. Foursquare nutzt dies inzwischen auch aktiv. Momentan werden die Nutzer aufgefordert, falls sie Zeit haben, kurz einige Fragen zu den Orten zu beantworten, z. B. ob Kreditkarten akzeptiert werden oder, ob der Ort kinderfreundlich ist usw. Diese Kurzbewertungen sind wirklich schnell erledigt, aber foursquare bekommt gute Daten über die Orte und wird diese Information sicher in Zukunft sehr gut zu nutzen wissen.
Was hat ein Museum davon?
Ähnlich wie ein Restaurant oder ein Ladengeschäft sind auch Kulturinstitutionen auf Besucher angewiesen, die vorbei kommen, die Dienste nutzen oder Produkte kaufen. Alle möchten Kunden bzw. Besucher anziehen. Es gibt mehrere Möglichkeiten für eine Kulturinstitution, sowohl aktiv als auch passiv.
Passiv
Wenn jemand aus meinem „Freundeskreis“ bei Swarm eincheckt, bekommen die Freunde, wenn sie die Pushnotifikation eingestellt habe, eine Nachricht auf ihr smartphone: z. B „Achim hat im Museum im Palais eingecheckt“. Nun kann man dieses Einchecken kommentieren oder liken. Sie könnten z. B. Fragen, in welche Ausstellung er geht und ob sie ihm gefallen hat.
Was hat das Museum davon?
Obwohl das Museum nicht aktiv involviert ist, weil die foursquare Nutzer auch agieren können – und es auch tun – wenn ein Unternehmen oder eine Institution sich nicht als Besitzer gemeldet hat, hat der „Ort“ doch Vorteile: Die Nutzer machen quasi Werbung, weil sie kundtun, dass sie jetz da sind: „Ich bin im Museum!“ Da jeder Nutzer jederzeit Orte anlegen kann, könnte man auch einzelne Ausstellungen als Orte definieren. Andere Nutzer können das sehen und sich daraufhin vielleicht für diesen Ort interessieren. Wo ist der Achim gerade? Was ist das? Was machst der da? Aha! Interessant! Sollte ich auch mal hingehen.
Gefunden werden durch ‚Erkunden‘
Wenn ich in einer fremden Stadt bin, kann ich mir anzeigen lassen, was um mich herum ist. Und so werde ich auch auf Kulturinstitutionen aufmerksam gemacht, die in der Nähe sind und komme vielleicht auf die Idee, ins Museum zu gehen.
Aktive Nutzung
Schon allein, damit diese passive Nutzung funktioniert, sollten die Daten beim Ort immer aktuell gehalten werden. Der Besitzer hat die Möglichkeit, den Ort zu beschreiben und zum Beispiel Öffnungszeiten anzugeben oder auf die laufende Ausstellung hinzuweisen. Weiterhin gibt es natürlich die Möglichkeit ein Special anzubieten. Beim ersten Check In gibt es den Audioguide gratis. Oder beim zehnten Check In gibt es fünf Prozent Rabatt im Museumsshop. Usw.
Eine andere aktive Nutzung ist es, die Tipps von Besuchern mit einem ‚Like‘ zu versehen. Die Bewertungen, Tipps oder Kritiken sollte man im Auge behalten. Für positive Bewertungen und konstruktive Kritik kann man sich ruhig bedanken, indem man den Eintrag liked. Auf negative Kritik kann man zwar nicht antworten, aber es ist auf jeden Fall ein Hinweis, einmal zu schauen, ob die Kritik berechtigt ist. Wenn man seine Besucher auffordert, sich auf foursquare zu betätigen, z. B. mit einem Aufkleber an der Tür oder durch das Anbieten eines Specials, so hat man vielleicht mehr positive Beiträge, die dann den negativen Eintrag relativieren.
Die sind nur die einfachen Nutzungen. Es gibt noch viel ausgefeiltere Maßnahmen. Für den Anfang sollten diese Grundmaßnahmen ausreichen.
Fazit
Auf jeden Fall sollten die einzelnen Kulturinstitutionen einmal nachschauen, ob sie schon auf foursquare sind und was dort so alles eingetragen ist… Vielleicht ist ja was interessantes dabei…
Und foursquare und Swarm im Auge behalten, weil beide gerade im Umbruch sind. Das könnte noch spannend werden.
Wie nutzt Ihr foursquare und welche Erfahrungen habt Ihr?
Liebe Monika,
danke für diesen prompten Erklärungs-post auf meine Twitter-Frage hin. Bislang tat ich mich immer schwer mit Foursquare, fand es persönlich tatsächlich lässtig, liegt aber wohl auch daran, dass ich so einige Social Media Plattformen so nebenbei bestücke.
Während des #scry14 stieß ich auf die Swarm-App, fragte nach, was das ist und wie sinnig es ist. Eine Stimmmeinung meinte es sei begrenzt einsatzbar. Hinsichtlich des bisherigen deutschen Nutzerverhaltens bin ich mir noch nicht sicher, ob foursquare und co praktikabel für Kulturinstitutionen sind. Ich werde mich jetzt intensiver damit auseinandersetzen und beides beobachten. Dazu trug nicht zuletzt dein Post dazu bei – danke dafür!
Sonnige Grüße aus München
Tanja Praske
Falls es auch ausländische Besucher gibt, ist das deutsche Nutzungsverhalten alleine nicht ausschlaggebend. foursquare wird in anderen Ländern intensiv genutzt und wenn diese auch die Kulturinstitutionen besuchen, kann es schon wieder interessant werden.
Liebe Monika, liebe Tanja,
ich meine ja, in Foursquare und dem Gaming-Faktor darin liegt viel Potenzial für die Kulturinstitutionen. In Berlin hat – ich glaube es war Jenni Fuchs – es mal eine Art Stadtführung auf Foursquare gegeben. Ausgehend von einem Ausstellungsthema. Ich finde, solche Erweiterungen mit einem gewissen Pull-Marketing-Effekt sind spannende Ideen für den Einsatz von Foursquare. Zugegebnermaßen nutze ich Foursquare auch ausschließlich in der „Schaut-her-hier-bin-ich“ Funktion. Für die Museen aber auch schon mal ein kleiner Werbeeffekt 😉
Viele Grüße
Anke
Der Game-Faktor ist ja leider z. Z. mit Swarm weggefallen… Danke für das Beispiel mit der Stadtführung. Es gibt so viele kreative Anwendungsmöglichkeiten. Man könnte dann gleich bei einem Stadtrundgang z.B. zur öffentlichen Kunst in die einzelnen Kunstwerke einchecken…
Wenn Kulturinstitutionen sich endlich mal wie ein Unternehmen verhalten würden, dann wäre die Frage nach der Sinnhaftigkeit hinfällig. Dann ging es nicht um das „ob überhaupt“, sondern um das „wie“.
@Achim Den Gedanken hatte ich mittlerweile auch schon einige Male … Aber während es bei den Verlagen für meinen Geschmack schon zu gut angekommen ist, dass sie Unternehmen sind (Das Kulturgut Buch ist meines Erachtens immer öfter zu hinterfragen), hinken hier viele Museen deutlich hinterher. Gerade im Bereich PR & Marketing sehe ich nicht mehr allzuviele Unterschiede zu „normalen“ Unternehmen, die „Ware“ ist einzig und alleine eine andere – ganz gleich, ob diese – zugegeben nüchterne – Denkweise Kulturschaffenden nun gefällt oder nicht.
Selbst, wenn es nur 10 Foursquare-Nutzer in DE gibt (Nach mehr fühlt es sich momentan leider nicht an.), das anlegen/übernehmen und aktualisieren des eigenen Venues kostet keine Mühe. Ein, zwei Specials oben drauf und ein paar themenrelevante Listen angelegt. Das ist kein Hexenwerk. Also, machen! (Und Daumen drücken, dass Foursquare irgendwie noch die Kurve kriegt.)
Foursquare bietet viele Vorteile und ich denke der Nutzen für User (egal wie viele es gibt) überweigt den Aufwand eindeutig. Wenn ich mich mit Foursquare beschäftige ist es maximal ein viertel Tag Aufwand + einmal im Monat vielleicht ein schönes Update, oder bei der Pflege der Hausinternen Events. Ich persönlich nutze Foursquare sehr intensiv, habe z.b. meinen ganzen letzten Urlaub danach ausgerichtet. Wer dann nicht „drin“ ist fällt eben hinten raus. Wie Achim schon sagt, sollte die Frage sein nicht „ob“ sondern „wie“.
Vielleicht wird es auch in meinem Artikel etwas klarer: http://www.result.de/get-social-new-york-stadt-der-unbegrenzten-social-media-moeglichkeiten/
Es gibt bereits auch hier viele Museen die mit einem Special locken wie das Lehmbruck in Duisburg.
Danke für den Hinweis auf das Lehmbruch-Museum! Unterwegs nutze ich sehr gerne foursquare. Wir haben selber bei unserem Aufenthalt in Helsinki unsere Reisekasse geschont, indem wir bei den Restaurants nach Specials geschaut haben. Dort gab es ein sehr großes Angebot und es hat sehr gut funktioniert.