Barcamp How are You?

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Barcamp – How are You?

Sind Barcamps in Österreich anders?“  fragte Robert Lender im Januar 2014. Ich habe mir dann in dem Artikel „Barcamp-Kultur – einst und jetzt“ weitere Gedanken gemacht, die wiederum Robert in „Der Geist der Barcamps weht wo er will“ nochmals weiter kommentierte.

Viele weitere Kommentare fanden sich bei den Artikeln ebenso ein und entwickelten sich teilweise – in Länge und Inhalt – in eigene Co-Artikel.

Nachfolgend haben Robert und ich noch ein wenig – online – weiter diskutiert.

Monika: Wie empfindest Du die Entwicklung der barcamps in den letzten Jahren?

Robert: Den vollständigen Überblick habe ich natürlich nicht. Ich habe einige besucht, über viel mehr gelesen. Interessant ist die Spezialisierung vieler Barcamps. Das bietet natürlich einerseits eine Vertiefung. Andererseits finde ich gerade die themenoffenen Barcamps spannend. Hier ist einfach alles möglich – wenn die TeilnehmerInnen es so wollen. Ich will die beiden Richtungen aber nicht gegeneinander ausspielen sondern hoffe, dass beide Formen nebeneinander gut existieren können.

Monika: Was hältst Du von Themen-Barcamps?

Ich besuche sowohl themenspezifische Barcamps als auch komplett offenen und mag beide Varianten. Ich hoffe, dass die Spezialisierung nicht zu weit geht und es immer auf themenoffene Camps geben wird. Sorgen machen mir eher die Barcamps, die sich so nennen, aber gar keine sind.

Monika: Glaubst Du, dass es zu viele barcamps gibt?

Robert: Nein. Solange es TeilnehmerInnen (oder sagen wir Teilgebende) gibt gibt es auch nicht zu viele Barcamps. Ich treffe noch genügend Menschen, die den Begriff „Barcamp“ gar nicht kennen oder die sich zumindest noch nie auf ein Barcamp getraut haben. Ich verwende „getraut“ bewusst, da es noch immer genügend Hemmschwellen gibt, auf ein Barcamp zu gehen.

Robert: Wie siehst du das mit den Hemmschwellen?

Monika: Ich war wahrscheinlich schon auf zu vielen Barcamps, um da überhaupt Hemmschwellen zu sehen. Allerdings kannte ich bei meinem ersten Barcamp schon sehr viele Teilnehmer – wenn auch nicht persönlich – sondern über ihre Blogs und vielleicht macht es einen Unterschied, ob ich auf insgesamt 60 Leute treffe und viele davon schon kenne oder auf 300 von denen ich wenig Personen kenne. Wir waren ja damals schon eine Community. Vielleicht ist ein Barcamp aber auch einfach nicht für alle Menschen geeignet.

Monika: Müssen die barcamp Regeln geändert oder überarbeitet werden oder sind sie heute noch so brauchbar?

Robert: Ich bin da Purist 😉 Ja, die Barcampregeln sind immer noch brauchbar. Aber wie schon vor Jahren geht es nicht um den „Buchstaben des Gesetzes“ sondern um den Geist der dahinter steht. Ich habe vor einiger Zeit versucht das in einem Artikel „Wie ist das mit dem präsentieren müssen“ zu erklären.

Lass uns doch gleich mal unsere eigene Interpretation probieren.

#1st Rule: You do talk about Bar Camp.

Robert: Ein Barcamp lebt noch immer von den Menschen, die vor, während und nach einem Barcamp darüber berichten, es bewerben, es dokumentieren. Siehe Regel 2.

Monika: Ja absolut! Es gibt immer noch sehr viele Menschen, die noch nie von einem Barcamp gehört haben und deswegen kann man gar nicht genug darüber reden oder auch berichten oder twittern oder facebooken…

#2nd Rule: You do blog about Bar Camp.

Robert: Nun, es muss heutzutage nicht mehr nur ein Blog sein. Mag es Instagram, Facebook, Google+ sein – das wichtige ist, dass wir die Ergebnisse eines Barcamps dokumentieren. So können nicht nur die physisch Anwesenden davon profitieren. Ergebnisse, Idee, Fragestellungen,… werden so weiter getragen und im besten Falle auch weiter diskutiert und entwickelt.

Monika: s. #1 

#3rd Rule: If you want to present, you must write your topic and name in a presentation slot.

Robert: Darüber könnte man viel schreiben. Aber nur eines: Die Präsentationen werden vor Ort festgelegt. Vorher darüber diskutieren, Ideen sammeln – wunderbar. Aber erst die Menschen vor Ort entscheiden über die Veranstaltung selbst. Das ist für mich das was Barcamp so spannend macht. Alles andere ist eine Tagung oder was auch immer … aber bitte nennt es nicht Barcamp.

Monika: Auch diese Regel finde ich nach wie vor wichtig. Gleichzeitig stelle ich aber fest, dass sie oft nicht eingehalten wird. Meiner Meinung nach kann nur derjenige eine Session halten, der bei der Sessionplanung dabei ist. Oft ergeben sich auch in der Organisation Probleme, weil der oder die Vortragende dann gar nicht vor Ort ist, wenn die Session los gehen soll. Alles schon vorgekommen. Leider nutzen auch immer noch manche Leute Barcamps als Werbeplattform. Dagegen hilft die Abstimmung mit den Füßen (einfach die Session verlassen) aber die Regel 3 kann auch hilfreich sein so etwas zu verhindern.

#4th Rule: Only three word intros.

Robert: Das interessante ist, dass sich jeder und jede vorstellt. Kurz, weil doch meistens sehr viele anwesend sind. Aber drei Worte/Tags reichen, damit ich wenigstens eine gewisse Vorstellung habe. Oft konnte ich so schon Menschen identifizieren, die ich mir als GesprächspartnerIn in der Pause suchte.

Monika: Diese Regel hat sich auch bewährt. Gerade bei größeren Barcamps mit vielen Teilnehmern. Interessant ist, wie viele Menschen Schwierigkeiten haben, sich auf drei Worte zu beschränken… Auch ich nehme diese Tags auch immer wieder zum Anlass, mit bestimmten Leuten ins Gespräch zu kommen. Man hat halt gleich einen Anknüpfungspunkt.

#5th Rule: As many presentations at a time as facilities allow for.

Robert: Eine Regel die quasi entregelt. Ich habe immer wieder Barcamps erlebt, bei denen drei, vier Menschen nach einer Session noch weiter diskutieren wollten. Alle vorgegeben Slots waren voll, aber ein Raum noch leer. Also haben sie diesen genutzt.

Monika: Oder es waren eh nur drei Leute, die sich für das Thema interessiert haben und die setzen sich dann zusammen. Oder die legendäre Session von Henning Krieg, die immer wieder in Verlängerung ging, weil sie so interessant war. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass für jede Session ein Slot aufgemacht wird, wie in Stuttgart und es dann zehn oder mehr Slots gibt. Aber vielleicht muss ich einfach mal dahin und es ausprobieren.

#6th Rule: No pre-scheduled presentations, no tourists.

Robert: Siehe Regel Nummer 3.

Monika: Genau Nummer 3. Es sind auch Barcamp-Touristen, wenn sie nur kommen, um ihre eigene Session zu halten. Es ist nicht fair gegenüber all den anderen Teilnehmern, einen möglichen Diskussionsbeitrag oder auch ein Gespräch damit quasi zu verweigern. Auf ein Barcamp sollte man sich einlassen und nicht nur mal kurz vorbeikommen.

#7th Rule: Presentations will go on as long as they have to or until they run into another presentation slot.

Robert: Kein Stress 🙂 Wenn die Session nur 5 Minuten ist es auch in Ordnung. Niemand muss es in die Länge ziehen oder Angst haben, dass er/sie unbedingt 45 Minuten füllen muss. Allein die Rücksicht auf den/die nächste SessiongeberIn zählt dann noch mehr.

Monika: Eine Regel, die leider of nicht bekannt ist. Wenn die Session vorbei ist, ist sie vorbei. Dann kann man einen Kaffee trinken oder sich unterhalten oder bloggen. Es ist kein Drama und auch kein Versagen. Wenn das Thema für den Sessionhaltenden umfassend behandelt wurde, ist es okay! Auch, wenn ich eine Frage stelle oder eine Diskussion möchte, muss ich mich dafür nicht entschuldigen. Das ist es ja, was Barcamps ausmacht, dass ich nicht unbedingt einen tollen Vortrag mit einer tollen Präsentation halten muss. Ich kann auch einfach fragen oder diskutieren. Das ist ein wichtiger Punkt für Neulinge (s. auch Nr. 8)

#8th Rule: If this is your first time at BarCamp, you HAVE to present. (Ok, you don’t really HAVE to, but try to find someone to present with, or at least ask questions and be an interactive participant.)

Robert: Genau. Du musst nicht unbedingt. Aber es ist der Hinweis, dass niemand nur als rein passiver Gast hingehen sollte. Oft gibt es nicht so viele Slots wie TeilnehmerInnen. Dann kann man sich aber auch als Mitdiskutierende, IdeengeberIn, … einbringen – vor, während und nach dem Barcamp. Wer große Scheu hat, darf aber auch mal nur zuhören kommen. Bei meinem ersten Barcamp glaubte ich auch nicht, dass ich dort etwas zu sagen hätte … und hielt am zweiten Tag dann doch eine Session.

Monika: Die Angst vor dieser Regel verstehe ich nicht wirklich. Bei meinem allerersten Barcamp habe ich auch eine Session gehalten. Jeder von uns hat doch ein Thema, das ihm oder ihr wirklich am Herzen liegt und darüber möchte man doch normalerweise reden. Hier müssen wir noch viel mehr betonen, dass es kein perfekter Vortrag sein muss. Es geht darum, Wissen zu teilen. Und es ist meistens besser, wenn es kein Frontalvortrag ist. Miteinander reden, diskutieren, brainstormen… Alles ist möglich!

Monika: Was hältst du davon, dass immer mehr Geld ins Spiel kommt für Teilnehmergebühr, bezahlte Keynotespeaker oder Verpflegung?

Robert:  In Maßen finde ich das vollkommen in Ordnung. Wer nicht Sponsoren im Hintergrund hat, der muss halt eventuell etwas für die Verpflegung und die Location verlangen. Natürlich entspricht das nicht ganz dem – meinem – Ansatz von Zugang für alle. Ich habe auch Barcamps erlebt, bei denen es nur einen Raum gab – und wer wollte ging halt mittags irgendwo in der Nähe in ein Lokal. Was ich nicht mag ist der Drang  in Richtung big – bigger – … Barcamps müssen sich nicht in Angeboten überbieten. Das ginge für mich in eine Richtung in der solche äußerlichen Werte zählen und nicht das Interesse am gegenseitigen Austausch.

Bezahlte Keynotespeaker gehen für mich überhaupt nicht. Nennt es dann einfach Tagung, dann ist es in Ordnung.

Robert: Ist andererseits die Suche nach Sponsoren nicht auch ein Hemmnis bei der Organisation von Barcamps?

Monika: Ja, die Suche ist oft schwierig und dann fragt man sich, ob man bestimmte Sponsoren ablehnen soll. Meine Erfahrung ist, dass man eher Sachsponsoring bekommt als Geld. Auf der anderen Seite kann man mit Sachsponsoring auch schon viel abdecken, wenn man z.B. den Raum gratis gestellt bekommt und Verpflegung. Es gibt durchaus auch barcamps, wo man mittags in umliegende Lokale geht oder wo Pizzen bestellt werden. Es muss nicht immer das opulente Buffett sein. Ich bin auf einem Barcamp um mich auszutauschen und nicht um kulinarisch verwöhnt zu werden (foodcamps sind hier die Ausnahme)

Monika: Wie siehst du die Zukunft von barcamps. Wo wird es hingehen?

Robert: Ich bin mit Prognosen vorsichtig. Was ich neben den spezialisierten Camps für interessant finde sind die Versuche in Richtung „back to the roots“: Kleine, feine, gering finanzierte Barcamps. Ein oder mehrere Räume und Menschen darin, die sich austauschen wollen. Ich würde gerne mehr mit MiniCamps experimentieren. Sich zu fünft im HInterzimmer eines Gasthauses treffen und Sessions abhalten, in der Schulklasse, im Büro mit KollegInnen.

Auf alle Fälle wird es an uns liegen, dass sich Barcamps immer wieder neu erfinden – der Grundgedanke bleibt, der Variantenreichtum geht in Richtung unendlich.

Robert: Was wäre für dich eine positive Entwicklung von Barcamps?

Monika: Für mich ist wichtig, dass die Grundidee nicht verwässert wird. Wenn Firmen versuchen mit Barcamps zu werben oder gar Geld zu machen, indem sie viele Sponsorengelder einnehmen und man als Teilnehmer dann trotzdem noch zahlen muss, dann ist das für mich kein Barcamp mehr. Ich mag ja auch mehr die kleinen, wo man mit jedem Teilnehmer reden kann. Leider ist ja das letzte Almcamp mangels Teilnehmer abgesagt worden. Das Format mit einem einzigen Sessionslot und einem einzigen Raum für alles, hat mir schon sehr gut gefallen.

 

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