Über meine Ausbildung zur Bürogehilfin habe ich ja bereits geschrieben. Heute möchte ich Euch meinen beruflichen Werdegang vorstellen.
Schule und Ausbildung
Nach der Grundschule bin ich aufs Gymnasium gekommen. Genau in dem Jahr wurden Mädchen- und Jungengymnasien zu gemischten Schulen. Ich habe mein Abitur mit der Note 2,4 abgeschlossen. Meine Abifächer waren Englisch und Französisch Leistungskurs, Biologie und Pädagogik. Diese Kombination war wohl nur kurze Zeit möglich. Deutsch hatte ich in der Oberstufe abgewählt, nachdem ich dort auf eine 4 abgerutscht war. Auch das geht wohl heute nicht mehr.
Nach dem Abitur habe ich die Ausbildung zur Bürogehilfin gemacht und danach die Fortbildung zur Fremdsprachlichen Sekretärin angehangen. Anschließend bin ich im Ausbildungsunternehmen, der Bayer AG übernommen worden. Zunächst war ich im sogenannten Sekretärinnen-Pool. Hier wurde ich immer in Abteilungen innerhalb der Sparte Pharma eingesetzt, wenn dort die Sekretärin in Urlaub oder krank war. Manchmal war das eben sehr spontan und oft geplant.
Das war sehr interessant, weil ich von den Sekretärinnen, wenn es ein geplanter Einsatz war, alles erklärt bekam und so sehr viele verschiedene Arbeitsweisen kennen lernen konnte. Stressig war es, wenn ich spontan in ein Büro musste und der Chef dringend die Akte Z haben wollte und ich dann suchen konnte. Manchmal mussten wir auch Schränke aufbrechen lassen dafür. Das habe ich einige Zeit gemacht und bin dann in die Marktforschung gewechselt.
Dort habe ich mich darin geübt, immer effizienter geworden. Ich hatte großen Spaß daran, alles zu optimieren und zu verbessern. Es hat ich gewurmt, wenn ich Formulare ausfüllen musste; und es gab sehr sehr viele Formulare. Dabei waren einige Felder, die immer den gleichen Inhalt hatten, wie Abteilung, Name, Anschrift. Nur sehr wenige Einträge, wie zum Beispiel das Datum, änderten sich. Ich wollte diese Formulare automatisch ausfüllen. Zunächst habe ich die Schreibmaschine damit bemüht und später dann den Computer.
Studium
Irgendwann hatte ich fast meinen Arbeitsplatz wegrationalisiert und mich gelangweilt. Und da ich gerne mehr Freizeit wollte, habe ich gekündigt und ein Studium begonnen. Ich wollte auch mal länger schlafen und das Studentenleben genießen. So habe ich kaum eine Vorlesung oder ein Seminar vor zehn Uhr und nichts nach 16 Uhr gewählt. Meine Fächer waren Volkswirtschaft, arabische Sprachen und pädagogische Psychologie.
In Volkswirtschaft bin ich schon in der Vorklausur gescheitert. Mathe ist einfach nicht mein Ding. Dann habe ich umgewählt auf allgemeine Sprachwissenschaften. Nach einem Semester und der ersten fünf in meinem Leben, habe ich die Sprachen zu Skandinavistik getauscht.
Das Studentenleben habe ich sehr genossen. Dank meiner Ausbildung konnte ich gut mitschreiben und meine Seminararbeiten waren flink getippt. Wenn es um ein Referat ging, habe ich mich sofort gemeldet und meistens das erste im Semester gehalten. Die Unterlagen dazu konnte ich sehr gut organisieren und natürlich tippen. Ich habe das Referat gehalten und für den Rest des Semesters quasi Ruhe gehabt.
Zusätzlich zur Skandinavistik habe ich Finnisch gelernt und auch eine Fachschaft dazu aufgebaut. Mit Hilfe von Sponsoren habe ich eine Professur auf die Beine gestellt. In den Semesterferien konnte ich wieder zu meinem alten Arbeitgeber. Da ich dort meine Ausbildung absolviert hatte, konnte ich fachgerecht eingesetzt werden und bekam sogar mein altes Gehalt. Für eine Studentin natürlich sehr genial.
Während dieser Ferieneinsätze habe ich es wieder nicht lassen können, Arbeitsabläufe zu verbessern und Neuerungen einzuführen, Ablagen neu zu organisieren und Zeit einzusparen. Ich wurde dann gefragt, ob ich nicht auch während des Semesters ein oder zwei Tage pro Woche mein Organisationstalent zur Verfügung stellen wollte. Das habe ich natürlich gerne gemacht. Zumal ich dabei auch sehr gut verdient habe.
Selbständigkeit
Die Abrechnung ging dann natürlich nicht mehr über das Angestelltendasein und so habe ich mich selbständig gemacht. Visitenkarten, Briefpapier und Computer und Drucker wurden angeschafft. Sehr schnell habe ich eigene Projekte bekommen und habe bald mehr als zwei Tage pro Woche gearbeitet. Projekte gab es in dem Bereich der Bayer AG genug und so hatte ich immer gut zu tun.
Irgendwann hab ich dann das Studium einfach aufgehört. Kurz vor der Magisterarbeit. Es hat sich einfach so ergeben. Ich habe also keinen Studiumsabschluss.
Mit der Selbständigkeit ging es munter weiter. Ich bekam tolle Jobs. Immer ging es darum, Papierkram zu organisieren oder Sekretärin zu sein. Der Höhepunkt war die PR-Arbeit für das Pferdemusical ‚Der Zauberwald‘. Dafür musste ich mir eine Anhängerkupplung zulegen und einen Wohnwagen. Und dann ging es mit dem Zirkus von Ort zu Ort. Ich habe es genossen.
Ab nach Finnland
Nach einer Beziehungstrennung hatte ich die Idee, nach Finnland zu gehen. Dort war ich bereits öfter gewesen und ich hatte ja auch an die Uni mit Land und Sprache zu tun gehabt. Kurzerhand habe ich meinen Wohnwagen angehangen und bin mit dem Schiff ausgewandert. Zunächst habe ich auf einem Campingplatz gewohnt und als der Winter kam, habe ich das Haus von einem Tenerifa-Überwinterer gehütet.
Als ich zu einer Sprachschule ging, um nach einem Finnischkurs zu fragen, bin ich als Deutschlehrerin wieder herausgekommen. Die deutsche Inhaberin der Sprachschule hat mich gefragt, ob nicht unterrichten wollte. Ich meinte, dass ich keine Lehrerin sei, aber das war ihr egal.
Und so arbeitete ich dort als Lehrerin für Deutsch und Englisch und habe versucht, noch weitere Standbeine aufzubauen, indem ich Erfindunge und Ideen vermitteln wollte. Einige Kontakte habe ich geknüpft, aber meinen Lebensunterhalt bekam ich durch das Unterrichten.
Nach einigen Jahren, zog es mich wieder zurück nach Deutschland und ich bekam eine Stelle angeboten durch das Netzwerk der Wirtschaftsjunioren. In Finnland hatte ich mich bei der internationalen Dachorganisation ‚Junior Chamber International‘ sehr stark engagiert und mochte die Ziele dieses Netzwerks.
Kurz noch mal angestellt
So wurde ich Geschäftsführerin der Wirtschaftsjunioren Darmstadt. Auch da habe ich wieder einiges umorganisiert und neu eingeführt. Zu meiner Zeit hatten die Junioren dort einen riesigen Zuwachs und haben die gesamte Region mit ihren Projekten erobert.
Und wieder selbständig
Als ich Achim kennen lernte, habe ich nach sechs Wochen gekündigt, weil mir das Angestelltendasein zu wenig Freiraum ließ. Ich wollte wieder selber über meine Zeit bestimmen. Und so habe ich mich erneut mit dem Angebot der Zeit- und Büroorganisation selbständig gemacht. Seminare und persönliche Organisation des Papierkrams vor Ort waren meine Aufgaben. Quasi die Mari Kondo des Büros.
Zu der Zeit kam auch mein erster Blog zustande. Dort habe ich jeden Tag einen Tipp zum Zeitmangagement oder zur Büroorganisation veröffentlicht. Sonntags gab es ein Zitat zum Thema. Ich habe die Paperworld besucht und etliche Muster heimgeschleppt. Die neuen oder schönen Produkte habe ich dann in meinem Blog vorgestellt. Da war ich schon eine Büro-Influencerin bevor es den Begriff überhaupt gab.
Ich war in vielen Netzwerken aktiv und habe viele Fortbildungen und Semiare mitgemacht. In einem lernte ich, dass man sich spezialisieren soll. Fortan habe ich meine Büroorganisation für Bauern und Bäuerinnen angeboten.
Noch mal ins Ausland
Als ich Achim geheiratet habe, haben wir beide besschlossen, auszuwandern. Viele Länder kamen infrage, aber da Achim kein Sprachgenie ist, sind wir in Österreich gelandet. In Kärnten. Hier wurde aber keinerlei Büro- oder Zeitmangement gebraucht. Da ging es eher gelassen zu.
Eine neue Aufgabe musste her. Das mit dem Bloggen hat ja schon sehr gut funktioniert. Also habe ich einen Regionalblog aufgebaut. Mit täglichen Blogposts zu allen Vorkommnissen im Tal und Veranstaltungskalender. Da ich der Zeit wieder mal weit voraus war, konnte ich damit aber kein Geld machen. Nur wenige wollten Werbung schalten. Auch wenn die Seitenaufrufe und Verweildauer sehr sehr gut waren. Nach wenigen Jahren habe ich den Blog geschlossen.
Und wir haben Kärnten verlassen und sind nach Graz gezogen. Dort gab es wieder ein tolles Seminarangebot. Ein halbes Jahr Kreativnetzwerk zum Ausprobieren und Verfeinern. Eigentlich wollte ich in Richtung Kunst und Musik gehen als Muse 2.0 in Verbindung mit den neuen sozialen Medien. Übriggeblieben sind dann die neuen Medien. Mein Wissen darüber, habe ich an Unternehmen – auch im Kulturbereich – weiter gegeben. Ich war Social-Media-Beraterin. Diesen Beruf sollte es erst später geben. Aber ich habe ihn schon mal ausgeführt.
Meine Fortbildungen waren Barcamps. Ich habe viele besucht und auch selber einige veranstaltet. Auf einem dieser Barcamps haben wir jemanden aus Jordanien kennen gelernt. Er bat uns einige Zeit später in sein Land zu reisen und darüber auf unserem Blog zu berichten. Wir waren Reiseblogger geworden.
Zusammen selbständig
Nach unserer Rückkehr aus Jordanien haben wir überlegt, wie wir dieses Reiseblogger dasein so verändern können, dass wir damit unser Geld verdienen. Und so sind wir ein Jahr später auf unsere Walz gestartet. Das Konzept haben wir mehrmals verändert. Und inzwischen habe ich ein Buch geschrieben. Was wir im Moment sind, kann ich nicht sagen. Dafür haben wir noch keinen Begriff gefunden. Aber es scheint ich bin diesmal nicht zehn Jahre zu früh dran sondern genau zum richtigen Zeitpunkt tätig.
Fazit
In Deutschland braucht man für alles eine Ausbildung heißt es. Aber ich hoffe, ich bin das lebende Beispiel, dass es auch anders geht. Ich habe weder PR gelernt noch Lehramt studiert und trotzdem habe ich in diesen Berufen gearbeitet und konnte einige Erfolge vorweisen.
Mein Abiturzeugnis wollte schon lange keiner mehr sehen. Und nach meinem Studium fragt auch niemand. Trotzdem ist unser Auftragsbuch für 2019 schon sehr gut gefüllt.
Also: Seid neugierig. Seid offen und traut Euch was. Jetzt ist die Zeit, um das zu machen, was man möchte. Und wenn Euer Traumberuf noch keinen Namen hat, dann macht ihn trotzdem oder denkt Euch einen Namen aus. Wir suchen auch noch…
Viel Spaß und viel Erfolg!
Wenn Ihr noch eine weitere Berufsgeschichte lesen wollt, hat der Frank hier was geschrieben „Lebenslanges Lernen“