Jazzfestival Saalfelden

Jazzfestival Saalfelden – Das Original

Jazzfestival Saalfelden

Nachdem ich ja schon eine Vision vom Jazzfestival Saalfelden gepostet habe, hier nun der Bericht, wie es wirklich war:

Eingeladen vom Salzbugerland-Magazin war ich dieses Jahr beim Jazzfestival Saalfelden.

Angereist bin ich nicht wie ausgeschrieben mit der Bahn sondern mit dem Auto. Als ich nach Saalfelden hineinfuhr dominierte leider nicht – wie erwartet – der Jazz die Stadt sondern riesengroße Baustellen. Trotzdem wurde man überall auf das Jazzfestival aufmerksam. Am Kunsthaus prangte das Logo in grün und später habe ich dann das Konzept auch begriffen. Jeder Spielort hat seine Farbe: Der Congress ist blau, das Kunsthaus ist grün, die Alm rot usw. Leider war die Website nicht ganz so strukturiert wie das Programmheft.

Trotz Baustelle habe ich das Hotel Saliterhof schnell gefunden. Es liegt direkt an der Straße und bietet doch einen traumhaften Ausblick und man kann sogar vom Zimmer auf die Skisprungschanze blicken. Das Vitalhotel ist sehr schön eingerichtet, mit vielen Naturstoffen wie Holz und Filz versehen, hat eine schöne Wellnessabteilung (die ich aus Zeitmangel nur anschauen und nicht nutzen konnte) und war mir persönlich aber zu fleischlastig.

Saliterhof

Vom Hotel aus hätte ich mit einem Shuttle-Service zum Jazzfestival in der Innenstadt fahren können, allerdings war der Fahrplan sehr übersichtlich. Es fuhr ein Bus um 14 Uhr und einer um 17 Uhr. Die Rückfahrt wäre um 1 Uhr möglich gewesen. So war ich sehr froh, dass ich mit dem Auto da war. Als offizieller Parkplatz ist u.a. der Platz am Interspar im Programm ausgewiesen. Dort bekam ich auch problemlos einen Parkplatz. Das Zentrum des Festivals habe ich dann leider nicht so schnell gefunden, denn die Baustellen beeinträchtigen nicht nur Autofahrer sondern auch Fußgänger und man wird hier schnell mal in die Irre geführt. Ein paar Schilder für die Laufenden wären hier nett gewesen.

Aber dann war ich doch rechtzeitig beim Congress und konnte meinen Presseausweis abholen. Mit dem Ausweis hatte ich Zugang zu allen Veranstaltungen sowie dem VIP-Bereich.

Jazzfestival Saalfelden

Um 15 Uhr gab es eine Führung für die Jazzfreunde Saalfelden, bei der ich teilnehmen durfte. Wir haben die verschiedenen Bereiche angeschaut und dabei einiges über das Festival erfahren: Bereits zum 34. Mal fand das Jazzfestival dieses Jahr statt und die Anfänge waren wohl nicht leicht. Inzwischen gehört es in Italien zu den besten Festivals und ist für viele Musiker und Bands das Eintrittstor zu Auftritten in Europa. Es gibt kein Motto, denn „Wir sind kein Karnevalsverein sondern ein Jazzfestival“ trotzdem gibt es einen roten Faden, der sich durch das Programm zieht. Popacts oder Rockgruppen sucht man in Saalfelden übrigens vergebens. Über 1000 Projekte, Musiker und Bands bewerben sich inzwischen für einen Auftritt und es ist wohl nicht leicht für das Orgateam, eine Auswahl zu treffen.

Unser Rundgang führte uns durch das ganze Haus. Der sogenannte VIP-Bereich ist eigentlich eine Begegnungszone. Der Name ist etwas irreführend. Hier treffen Musiker, Jazzfans, Veranstalter, Journalisten und Labels zwanglos aufeinander und können sich an der Bar und am Buffet stärken. Die VIP-Karten kann man dementsprechend auch kaufen.

Wir durften auch einen Blick in die gemütlichen und geräumigen Garderoben werfen und bekamen einige Anekdoten über skurrile Musikerwünsche zu hören, wie z.B., dass die Handtücher schwarz und genau zwei Mal gewaschen sein mussten…

8 Künstlerbetreuer und 10 Fahrer kümmern sich um die 190 Künstler. Und insgesamt gibt es 160 Mitarbeiter beim Festival und etwa 100 Journalisten besuchen Saalfelden jedes Jahr. Die Bands können in anderen Gebäuden proben oder direkt auf der Bühne.

Jazzfestival Saalfelden

Wir durften kurz einen Soundcheck vom backstage-Bereich aus erleben und wunderten uns über die vielen gelben Boxen mit Musikinstrumenten. Das gesamte Equipment für das Festival kommt aus der Schweiz und alles hat eine Farbe wie Schweizerkäse, damit man gleich erkennt, wem die Sachen gehören.

Wir sind dann noch gemeinsam zum Rathausplatz gezogen, wo ein großes Zelt mitten zwischen den Geschäften aufgebaut wird, was urgemütlich ist. Dort gibt es eher mainstreamtaugliche Musik mit lustigen Performances. Richtig jazzig war es dort nicht. Es gab eher Folkmusik und Jodel-Acts. Aber die Atmosphäre hat was. Wenn man zwischen den Warenständern der Geschäfte herumgeht und dabei Musik hört, ist das schon sehr angenehm.

Jazzfestival Saalfelden

Bis zum Abendprogramm gab es eine etwas größere Pause, die sich etwas zog, weil im VIP-Bereich noch nichts los war und die handvoll Stände auf dem Festivalgelände schnell angeschaut ist. Auch in der Gastromeile war es sehr ruhig. Leider war auch hier alles sehr fleischlastig. Vegetarier und Jazz scheint nicht zusammen zu passen… Und Snackbuden in Saalfelden sind sehr sehr rar…

Um 18.30 Uhr gab es einen Empfang zur offiziellen Eröffnung mit Ansprachen und Reden und dann ging es endlich in den großen Saal, der eigentlich viel zu klein ist für das ganze Publikum. Erfahrene Jazzfans buchen gleich einen fixen Sitzplatz oder bringen sich kleine Hocker und Decken mit und finden sich sehr früh auf der Galerie ein, um dort noch einen der wenigen Sitzplätze zu erhaschen oder einen Stehplatz am Geländer. Noch einmal gab es erfreulich kurze Reden von Bürgermeister, Landesrat und Co. und dann gab es endlich Jazz.

Jazzfestival Saalfelden

Die Bühne ist recht klein, aber gut ausgeleuchtet. Fotografen durften nur die ersten 10 Minuten Bilder machen und mussten dann die Aussicht frei geben. Der Sound war sehr gut, die Luftqualität hat leider im laufe des Abends sehr nachgelassen.

Eröffnet hat David Helbock mit einem interessanten Querschnitt durch sein Programm. Absolut empfehlenswert ist sein Solo-Projekt, bei dem er Prince-Songs covert. Unbedingt reinhören. Fasziniert hat mich der Hinweis vom Moderator über ein anderes Projekt von ihm, bei dem er ein Jahr lang jeden Tag ein Stück komponiert hat. Glücklicherweise bekam ich am Abend ein Interview mit ihm, was einen eigenen Blogpost wert ist.

Das Publikum ist sehr versiert und hat auch bei ineinander übergehenden Stücken die Spannung ertragen und nicht applaudiert. Da geht es bei klassischen Konzerten oft ganz anders zu. In der Umbaupause strömt alles in den VIP-Bereich und wenn man hier antizyklisch agiert, kann man auch einen Sitzplatz auf der Galerie erhaschen. Dafür wird man in der Wartezeit mit dem Soundcheck hinter dem geschlossenen Vorhang belohnt. Jazzmusiker können übrigens auch Stücke von AC/DC…

Das zweite Konzert des Abends war auch ein sehr interessantes Projekt von Marc Ducret: Drei Kombos zusammen auf der Bühne, nur zusammengehalten vom Gitarristen. Sehr genial. Die Bläser erzeugten, wenn sich richtig loslegten, Gänsehaut und die drei Schlagwerker waren sich schön einig. Ein Lob an die Tontechniker: Der Sound war wirklich super!

Danach erfolgte eine große Pause von einer Stunde, bei der Bar und Buffett gestürmt wurden. Der Programmzeitplan hinkte da schon eine halbe Stunde hinterher und ich frage mich, ob die Shuttlebusse nach Plan fahren oder nach tatsächlichem Programm…

Das dritte Konzert des Abends war das Scott Colley Quintet mit einem sehr beeindruckenden Trompeter und natürlich sehr sehr schönem Kontrabaß. Besonders im Gedächtnis blieb hier das Stück: For Sofia.

Die vierte Band des Abends habe ich leider nicht mehr geschafft, weil aufgrund der anstrengenden Anreise, der vielen Musiknoten, die man seit dem Nachmittag gehört hat und dem mangelden Sauerstoff, ich meine Augen nicht mehr länger offen halten konnte. Gut, dass ich nicht auf das Shuttle warten musste sondern direkt ins Hotel fahren konnte.

Am nächsten Tag stand auf meinem Einladungs-Programm ein Konzert auf der Alm.
Und wieder erwies es sich als gut, dass ich mit dem Auto da war, denn der Shuttle-Bus fährt nicht auf die Alm. Ich hätte hinauf wandern können, aber ich hatte meine Wanderschuhe nicht dabei. Und eigentlich hätte ich mir denken können, dass das Konzert auf der Alm open air war, aber es gibt wirklich nirgendswo einen Hinweis. Weder im Programmheft noch auf der Website. Versierte Besucher hatten natürlich Decken und Kissen dabei – ich nicht. Auch wissen versierte Besucher, dass man sehr früh oben sein muss, weil der Andrang riesig ist. So blieb mir nur ein Katzentisch im Schatten ohne Aussicht auf die Bühne und das hat nicht viel Spaß gemacht. Nach dem ersten Set (auf der Alm spielt man Sets – ähnlich wie die Trachtenkapelle) bin ich dann gegangen. Ansonsten hat das ganze den Charme eine Jazzfrühschoppens auf der Alm, mit allem, was dazu gehört. Fehlt nur, dass die Kombo in Tracht auftritt.

Jazzfestival Saalfelden

Was beim Jazzfestival Saalfelden aufgefallen ist:

  • Die Musiker spielen viel nach Noten, wahrscheinlich, weil es zum Teil Projekte speziell für das Festival waren.
  • Einige Musiker erweckten den Anschein, dass sie für einen Job engagiert waren (waren sie vielleicht auch)
  • Der Trend geht zum Nachahmen von Didgeridoo-Sound mit Tuba oder anderen Instrumenten.
  • Es gibt zwar kein Pop- oder Rock-Act, aber die Musik auf der Citystage ist sehr gefällig.
  • Die Spielorte liegen schön nah beieinander und sind leicht zu Fuß zu erreichen.
  • Ein Hotel im Zentrum von Saalfelden wäre empfehlenswert.
  • Das Programm ist komplett chronologisch; es gibt keine Parallelveranstaltungen.
  • Außerhalb des Festivals habe ich keinerlei Jazzmusik wahrgenommen. In anderen Städten gibt es während des Festivals in vielen Kneipen oder anderen Spielstätten, auch Jazzkonzerte, die offiziell nicht zum Programm gehören. In Saalfelden ist mir nichts dergleichen aufgefallen.
  • Der „große Saal“ ist zu klein. Falls das Festival wachsen sollte, wird es über kurz oder lang eine andere Location brauchen.
  • Ansonsten ist der Congress eine tolles Zentrum fürs Festival mit dem großzügigen VIP-Bereich im obersten Stock und toller Aussicht.
  • Trotz Ansage, dass Film- und Tonaufnahmen nicht gestattet sind, wurde offen professionell mitgeschnitten. Niemand hat etwas gesagt.
  • Die Marktstände auf dem Festivalgelände passten eher zu einem Folk- oder Indiefestival.
  • Touristisch Werbevideos mit Jazzmusik dazu wirken irritierend.
  • Alles wirkt wie eine große Familie: Journalisten, Besucher und Musiker kennen sich und man kommt sich als Neuling schnell ausgeschlossen vor, bzw. es fehlen einige Informationen, die versierte Festivalgänger wohl schon lange nicht mehr brauchen und die unter die Kategorie „Wast eh!“ fallen.

Fazit: Ein kleines feines familiäres Festival mit chronologischem Programm und sehr professionellen Musikern aus aller Welt in sehr schöner Alpenkulisse!

Und hier dann noch Bilder vom Profi Achim Meurer:

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