Eine wuchtige Couch in beigem groben Stoff mit auslehnenden Sitzkissen und Lehnen.

Andere Länder, andere Sitten: Sperrmüll

Beim Thema andere Länder, andere Sitten denkt man wahrscheinlich sofort an Hände schütteln oder Themen für Small Talk oder Gastgeschenke. Aber wer denkt da an Sperrmüll. Aber wenn man neu in einem Land wohnt, dann gibt es zum Teil auch große Unterschiede bei den ganz alltäglichen Dingen, wie zum Beispiel Sperrmüll.

Wir haben unsere neue Wohnung halbmöbliert bezogen, haben aber bei der Wohnungsübergabe bereits angefragt, ob die Couch bitte getauscht werden kann. Und ein Schrank war ziemlich zerfallen und musste auch weg. Tatsächlich durften wir eine neue Couch suchen und bestellen und den Schrank entsorgen und haben das dann mit unserem Vermieter abgerechnet. Blieb bloss noch die Frage, wohin mit der alten Couchgarnitur und dem Schrank?

Bisher kannte ich es so, dass es in regelmäßigen Abständen eine Abholung des Sperrmüll gab. Das stand dann in einem Müllkalender. Oder es gab Postkarten, die man verschicken konnte, wenn man wollte, dass Sperrmüll geholt wird. Oder es gibt Müllplätze, zu denen man Sachen fahren kann. Aber wie geht das hier?

Erster Check. Internet. Es gibt keine regelmäßige Abfuhr von Sperrmüll. Es gibt Recyclinghöfe. Aber die nehmen nur gut erhaltene Dinge. Und unsere Couchgarnitur gehörte da sicher nicht zu. Man kann Sperrmüll gegen Gebühr abholen lassen, aber ausgerechnet das Formular dafür, gibt es mal nicht auf Englisch. Und google Chrome will das einfach nicht übersetzen. Es schwirrten Preise von 38€ pro Kubikmeter auf diesen Seiten herum.

Nächster Check. Ein Bekannter. WhatsApp geschickt und gefragt, wie das denn hier funktioniert. Er informiert sich und meldet sich. Er bestätigt meine Netzfunde. Kurz drauf kommt er mit einer Firma, die solche Sachen erledigt. Wir sollen mal Fotos schicken. Gesagt getan. Dann die Nachricht: Er hätte da ein Angebot: 45€ für alles. Gleich morgen. Super! Wir haben den Schrank am Abend noch demontiert, damit es einfacher und schneller geht.

Am nächsten Tag stehen pünktlich zwei Männer vor der Tür. Wir hatten keine gemeinsame Sprache. Aber eigentlich war ja alles klar. Sie packten das erste Sofa und versuchten es durch den Flur zu bekommen. Sehr schnell haben sie aufgegeben und angefangen das Sofa auseinander zu nehmen. Dafür haben sie sich von uns noch Werkzeug geliehen. Während das Sofa zerlegt wurde, haben wir die Schrankteile und Sitzkissen der Garnitur schon in den Lieferwagen getragen. Dann stand plötzlich eine Frau in unserer Wohnung. Kopfhörer in den Ohren, Laptoptasche am Arm und handy in der Hand. Sie hat uns erklärt, dass für 45 € nur ein Couchteil weg geht. Plus Schrank 70€ und die gesamte Garnitur mit Schrank 180€. Hmm. So war das nicht ausgemacht. Unser Bekannter diskutiert mit ihr wild am Telefon auf Russisch (?). Jedenfalls wollten wir bei den 45€ bleiben und haben deswegen die Schrankteile und Sitzkissen wieder aus dem Lieferwagen heraus geholt und in die Wohnung getragen. Irgendwann war das sehr robuste Sofa zerlegt und wurde abtransportiert. Natürlich hatten wir nur einen 50 Euroschein und wahrscheinlich hätten wir sowieso Trinkgeld gegeben. Aber so hat sich die illustre Truppe gleich selbst beschenkt, indem sie behauptet haben, dass sie kein Wechselgeld haben. Merke: Für solche Fälle immer abgezähltes Kleingeld parat halten.

Nun gut. 1 Sofateil war weg. Das zweite und der Schrank waren noch da.

Dritter Check. Nachbarn fragen. Es gibt da so facebook-Gruppen zum Verkaufen und Verschenken oder so Transportfirmen, die ihre Hilfe anbieten. Verschenken wollten wir es nicht wirklich. Ich hab da immer noch den Spruch im Ohr: Menschen spenden und die deutschen Entrümpeln. Der war aus einem Artikel oder Twitter-Thread, indem sich eine caritative Einrichtung beklagt, was für ein Müll ihnen als Sachspenden angeboten wird. Und das das respektlos ist. Ein anderer Nachbar meinte aber, dass eine Organisation hier vor Ort solche Möbel holt und an Bedürftige abgibt oder in eigenen Läden verkauft und ich solle es ruhig anbieten und alles genau beschreiben, wie es ist.

Ich hab also google Übersetzer angeschmissen und einen Text verfasst, dass das Sofa alt ist und dass es durch einen engen Flur muss im fünften Stock und die Maße usw. Schnell kam eine Antwort. Sie würden es sich gerne ansehen kommen und wenn es passt, würden sie es mitnehmen.

Wenige Tage später kamen sie pünktlich wie angekündigt, fanden das Sofateil voll in Ordnung. Haben es mit zwei Männern angehoben und in wenigen Minuten zu ihrem Wagen getragen. Sie haben sich herzlich bedankt und das zweite Sofateil war weg. 0 Euro

Blieb nur noch der Schrank. Ich habe das Amt mit dem nicht übersetzten Formular angeschrieben, was denn so eine Schrankentsorgung kosten würde. Zerlegt war er ja schon. Die Bretter standen bei uns im Flur. Es kam aber keine Antwort. Zu dem Recyclinghof fahren und dort abgeben. Kostet pro Kilo einen kleinen Obulus. Grundsätzlich ja, aber wir haben kein Auto. Wir leihen immer eins über einen Carsharing-Dienst, wenn wir eins brauchen. Scherzhaft haben wir gesagt: Wenn wir eine Säge hätten, würden wir es klein schneiden und nach und nach in den Restmüllcontainer werfen im Hof. Eine Nachbarin, die kurz drauf zu Besuch kam, hatte die gleiche Idee und hat uns gleich ihre Säge aus dem Keller geholt. Na dann. Ritze, ratze. Kleingesägt.

Was soll ich sagen. Der größte Teil ist schon mit der letzten Leerung abtransportiert worden. Unser Restmüllcontainer ist auch eigentlich nie ganz voll. Die letzten Teile werden wir vor der nächsten Leerung einwerfen.

Und so geht das hier mit dem Sperrmüll.

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