Wir waren in der Provence unterwegs und da die Provence untrennbar mit Lavendel verbunden wird, wollten wir – wie viele andere auch – ein Foto von einem blühenden Lavendelfeld machen. Die Geschichte dieser Jagd auf das blühende Lavendelfeld nehme ich zum Anlass, um mir Gedanken über die Zukunft von Lavendelbauern zu machen.
Zunächst unsere Erfahrung:
Wir haben uns informiert, wo wir wohl Lavendel finden können und sind auf die Seite der Routes de la Lavande gekommen. Eine Art Dachverband der verschiedenen touristischen Destinationen, in denen Lavendel angebaut wird. Hier haben wir uns Routen herausgesucht und sind losgefahren. Das war am 25. Juni. Von Aix-en-Provence kommend, sind wir Richtung Apt gefahren, was auch ein Lavendelgebiet sein soll. Wir haben nichts gesehen. In Apt sind wir in das Tourismusbüro gegangen und ich habe gefragt, wo wir denn ein blühendes Lavendelfeld fotografieren können? Antwort: „Der Lavendel ist dieses Jahr zu spät dran!“ Aha! Und warum steht das nicht auf DER (!) Seite zum Thema Lavendel?? Die Dame vom Tourismusbüro drückt mir eine Karte in die Hand und erklärt mir, dass es ein Feld gebe in Coustellet. Auf nach Coustellet. Aber auch dort wurden wir nicht fündig. In einer Gärtnerei habe ich nachgefragt. Die nette Dame dort erklärte mir ganz genau, wo wir es finden können. Und da war es:
Das erste blühende Lavendelfeld. Kein echter Lavendel und fotomäßig auch nicht so toll. Es war mit einem Elektrozaun gesichert, zog aber trotzdem einige Leute an.
Der zweite Versuch eines Lavendelfotos
Die Dame im Tourismusbüro hat uns auch noch gesagt, dass die Blüte wohl am Samstag beginnen würde. Also sind wir am Sonntag, dem 30.6. noch einmal auf Fotojagd gefahren. Natürlich haben wir vor der Abfahrt noch versucht, irgendwo aktuelle Informationen zu bekommen, wo denn jetzt schon blühende Felder zu bewundern sind: Fehlanzeige! Es gibt einen Blogpost, vom 4. Juni – allerdings nur auf Französisch – in dem empfohlen wird, zur aktuellen Lage der Blüte die Tourismusbüros zu befragen. Wir haben einige Tourismusbüros angerufen, aber sie haben sonntags geschlossen.
Es gibt eine Karte mit den Zeitangaben der Blüten, an dieser Karte haben wir uns orientiert. Sie bezieht sich aber nicht auf das Jahr 2013. Wir sind also Richtung Sault gefahren und haben uns zwischendurch immer wieder gefragt, warum diese Straßen „Routes de la Lavande“ heißen, weil man doch keinen Lavendel sieht, also auch keinen, der noch nicht blüht. Es gibt einfach keine Felder.
Auf der Straßenkarte sind immer wieder Aussichtspunkte eingezeichnet. Viele davon haben wir nicht gefunden, weil sie nicht ausgeschildert sind. Auch die Routes de la Lavande sind nicht ausgeschildert. Man muss sich seinen Weg schon selber suchen.
Vor Sault gibt es einen Aussichtspunkt, auf den auch nicht vorher hingewiesen wird. Man muss spontan sein und bremsen und hoffen, dass der Nachfolger nicht zu dicht auffährt.
Man sah hier wirklich große Lavendelfelder, aber keine Blüten. In Montbrun-les-Bains gab es auch noch mal zwei Felder zu besichtigen und dann fährt man ewig eine kleine Bergstraße, die landschaftlich sehr schön ist und jeden Motorradfahrer wegen der vielen Kurven begeistern wird, aber nichts für Lavendelfotografen ist.
Wir sind dann weiter über Séderon Richtung Sisteron und von dort über Aiglun die vorgeschlagene Route Richtung Valensole. Und abends, so gegen 20 Uhr haben wir sie dann gefunden. Zwischen Valensole und Manosque! Da waren sie; die Felder, für die jeder in die Bremse steigt und am Straßenrand parkt:
Fazit: Wenig Information, knapp zehn Stunden im Auto, 400 km gefahren und nicht wirklich das tolle Bild gemacht! Aus Sicht des Umweltschutzes eine Katastrophe und die touristischen Destinationen sowie die Organisatoren der ‚Routes de la Lavande‘ haben sich auch nicht beliebt gemacht.
Was ich Lavendelbauern vorschlagen würde
Es wird wohl immer schwerer, vom Lavendelanbau leben zu können. Und der Lavendelanbau droht auch noch aus anderen Gründen zu verschwinden. Die Touristen lieben aber den Lavendel und reisen in Scharen an, um die Felder zu sehen und die Produkte zu kaufen.
Ich kann die Bauern sehr gut verstehen, dass sie ihr Lavendelfeld mit Elektrozäunen sichern, denn die Touristen nehmen wirklich keine Rücksicht für ihr Erinnerungsfoto. Die Wagen parken direkt am Straßenrand. Durch spontane Bremsmanöver kann es zu Unfällen kommen. Die Menschen rennen durch die Felder, pflücken Lavendel und hinterlassen ihren Müll und zertrampelte Felder.
Ich kann auch die Foto-Touristen verstehen, die einfach so tolle Bilder haben wollen, wie sie einem in der Provence von jeder Postkarte und auch von der Website der Routes de la Lavande entgegenspringen. Und dass diese Leute für dieses Foto viel machen und riskieren!
Was könnte die Lösung sein?
Der Lavendelbauer wehrt sich nicht mehr gegen die Touristen sondern lädt sie ein und arbeitet für sie. Er begeht mit einem Profifotografen seine Felder und sucht das fotogenste aus. Vielleicht errichtet er dort eine Plattform, von der aus man einen tollen Blick hat. Er richtet Parkplätze ein und verlangt Eintritt (Wir hätten jeder locker 20 Euro Eintritt bezahlt an unserem Lavendeljagdtag!!) Er verkauft dort kühle Getränke, z. B. selbstgemachte Lavendel-Limonade und sorgt für eine Öko-Toilette. Er bringt eine Webcam an, auf der man verfolgen kann, wann denn der Lavendel blüht. Natürlich kann man rund ums Jahr sämtliche Arbeiten im Lavendelfeld beobachten. Er gibt seine Informationen zeitnah zu den Tourismusbüros und informiert sie über den Stand der Dinge, damit sie Auskunft geben können. Er bietet Fotokurse mit Profifotografen an, die einem beibringen, wie man denn jetzt das ultimative Lavendelfoto macht. Am Lavendelfeld gibt es WLAN und jeder kann sein Bild davon sofort zu facebook oder Instagram hochladen. Selbstverständlich gibt es auch Bilder und Postkarten direkt vor Ort zu erwerben. er kooperiert mit einer Destillerie und wer seine Eintrittskarte vorzeigt, bekommt dort ein Extra. So hat auch der weiterverarbeitende Betrieb etwas davon. Dort kaufen die Touristen dann Lavendelkissen, Öl und Seife. Er kooperiert mit einem Restaurant im Ort, was ein Lavendelmenu anbietet, so dass die Lavendeljäger am Ende des Tages einen schönen Ausklang haben. Weitere Kooperationen mit Malern oder Fotografen oder ganz anderen Branchen sind denkbar. Damit wird der Lavendelbauer sehr viel mehr Geld für sein Lavendelfeld erhalten, als wenn er den Lavendel erntet und verkauft. Dafür werden seine anderen Felder in Ruhe gelassen und das Show-Feld könnte er am Schluss sogar von den Touristen abernten lassen, ähnlich wie ein Erdbeerfeld zum Selberpflücken. Am Ende des Jahres macht er ein Gewinnspiel für das schönste Foto…
Was kann die Destination tun?
Die touristische Destination bemüht sich, sämtliche Informationen über den Lavendel zeitnah, auf möglichst vielen Kanälen (website, twitter, facebook, Tourismusbüro, Telefon-Hotline) in möglichst vielen Sprachen zur Verfügung zu stellen. Sie schickt Infomails an Hotels, die dies wieder selber als Tagestipp in ihrer Frühstückszeitung weiter verbreiten. Reisegesellschaften und Reiseführer werden ständig auf dem Laufenden gehalten, um Tagestouren optimal zu planen. Sie bindet die webcam des Bauern auf ihrer Seite ein und empfiehlt seine Foto-Plattform. Die ‚Route de la Lavande‘ Organisation kürt das Foto des Tages, was auf facebook oder twitter hochgeladen wurde und steht auch im ständigen Kontakt mit Ihren Besuchern. Sie bieten GPS-Daten für die Felder der teilnehmenden Bauern an und man kann sich die Routen auf sein Navi laden. Die Straßen werden beschildert und die Aussichtspunkte numeriert oder benannt und ebenfalls rechtzeitig und ausreichend beschildert. Die Touristen sind begeistert, weil sie das beste Lavendelfeld besuchen und Umwelt und Lavendelfelder werden geschont. Blogger und Reisejournalisten werden eingeladen und berichten anschließend darüber. Eine Win-Win-Situation.
Was würdet Ihr dem Lavendelbauern noch vorschlagen??